Maria in der Bibel Matthäusevangelium
Die Frage nach der Herkunft Jesu Christi ist seit den ersten Jahrzehnten der Christenheit ein wichtiges Thema. Unser Glaube sagt, dass Christus sowohl Gottes- als auch Menschensohn ist. Und diese beiden Wahrheiten werden uns im Evangelium nach Matthäus sehr ausdrücklich nahegebracht. Gerade durch die Kindheitsgeschichte erfahren wir, wie "es" mit der Geburt Christi eigentlich war. Dabei ist zu beachten, dass die Schilderung dieses Ereignisses von der zeitgenössischen Mentalität und Kultur des Evangelisten geprägt ist. So wird uns auch Maria, die Mutter Jesu, als eine Tochter ihres Volkes vorgestellt.
Josef, der Mann Marias... Nicht zufällig stellt die
Frohbotschaft nach Matthäus (verfasst um 80
n. Chr.), ursprünglich für Judenchristen
gedacht, Maria in den "Schutzschatten" des Josef.
Im ersten Kapitel, Verse 117, wird uns der
Stammbaum Jesu Christi vorgestellt, weil die Frage
"Wer ist Jesus?" beantwortet werden soll. Der
Evangelist bringt sehr deutlich zum Ausdruck, dass
Jesus Sohn Abrahams und Sohn Davids, also ein
Mensch königlicher Abstammung ist. Diese
"Sohnschaft" garantiert ihm ein Nachkomme Abrahams
und Davids, nämlich Josef, der "Mann Marias;
von ihr wurde Jesus geboren" (1,16). Im Stammbaum
werden außerdem vier Frauen erwähnt:
Rahab, Rut, Tamar und die Frau des Urija. Sie alle
waren am Plan Gottes direkt beteiligt, obwohl sich
ihre eheliche Beziehung als gesetzeswidrig oder
sogar unmoralisch erwies. Der Heilsplan Gottes ist
nicht an das Gesetz gebunden, Gott kann auch auf
menschlich gesehen ungeraden Zeilen gerade
schreiben. Dies kann als eine Hinführung in
das große Geheimnis der Empfängnis Jesu
verstanden werden, die sich in Maria auf
außergewöhnliche Weise ereignet hat.
Die Jungfrau wird ein Kind empfangen... Der Evangelist konzentriert sich in den Versen 18-25 auf die Situation, in der sich die Mutter Jesu befindet. Für eine Tochter des Volkes Israel ist eine Situation wie diese lebensbedrohend. Eine Verlobte, die ein Kind erwartet, ohne dass ihr Mann etwas davon wusste, riskierte gesteinigt zu werden (vgl. Dtn 22,23-24). Es ist also wichtig, dass sich Josef seiner Frau annimmt. Zwar hat er keine Absicht, Maria bloßzustellen, jedoch möchte er sie still entlassen. Dies würde nichts anderes bedeuten, als dass Maria alleinerziehende Mutter bliebe. Darum spricht der Engel Gottes mit Josef und nicht mit Maria; so will es übrigens auch die jüdische Mentalität: der Gesprächspartner Gottes ist der Mann. Josef erhält nun eine Erklärung und einen Auftrag: das Kind, das Maria erwartet, ist vom Heiligen Geist; und Josef soll ihm den Namen Jesus geben. Für Josef steht nun klar, dass er zwar nicht der natürliche, sehr wohl aber der gesetzliche Vater Jesu ist. "Den Namen geben" bedeutet, über jemandem verfügen zu können, für jemanden Verantwortung zu tragen, sich vor dem Gesetz als jemandes Vaters bekennen. Das Zitat aus dem Propheten Jesaja ("Die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären...") soll dieses Ereignis als den Plan Gottes veranschaulichen. Für uns ergibt sich daraus folgender Glaubensinhalt: Maria hat Jesus jungfräulich empfangen, und zwar vom Heiligen Geist, deshalb ist das Kind Sohn Gottes. Dem Evangelisten geht es im Moment nicht darum, ob Maria auch nach der Geburt Jesu Jungfrau geblieben ist. Wichtig ist, dass der Messias von einer Jungfrau geboren wurde. Darum auch die Aussage im Vers 25: Josef "erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar". Das Verb "erkennen" steht für den ehelichen Zeugungsakt. Das Kind und Maria, seine Mutter... Im zweiten Kapitel steht im Mittelpunkt
das Kind Jesus mit seiner Mutter Maria und mit
Josef, dem Beschützer von beiden. Sie bilden
nunmehr eine Einheit. Besonders aber wird die
Einheit zwischen dem "Kind und seiner Mutter"
hervorgehoben; fünfmal wiederholt der
Evangelist diese Wortverbindung (Verse
11,13,14,20,21). Das im ersten Kapitel
eingeführte Thema der königlichen
Abstammung Christi kommt in der Betlehem-Szene
sehr klar zum Ausdruck. Die Sterndeuter beten das
Kind an, huldigen ihm und legen ihm ihre
Schätze vor. Maria erscheint in diesem
Augenblick als Mutter des Königs. Sie
erinnert an die alttestamentliche
Königin-Mutter, welche dem König die
Bitten des Volkes vorbringt (vgl. 1 Kön
2,12-20). Als Abschluss der Kindheitsgeschichte
bringt Matthäus den furchtbaren
Kindermordbericht, mit dem er seinen
jüdischen Zeitgenossen wahrscheinlich noch
stärker nahe bringen will, dass Christus
wirklich ihr Messias und König ist, indem er
ihn als den Thronkonkurrenten des Königs
Herodes darstellt. Die Anwesenheit Mariens wird
aber nicht kommentiert; sie ist "einfach" da als
Mutter, die das Leben ihres Kindes besorgt
hütet.
Fr. Fero M. Bachorík, osm |