Im Bewusstsein der Kirche macht sich
schon seit der urchristlichen Zeit das
Bedürfnis stark, der Marienverehrung in dem
liturgischen Kalender einen
großzügigeren Zeitraum zu sichern. Es
werden nicht nur Hochfeste, Fest- oder Gedenktage
Mariens festgesetzt, sondern auch Marienmonate und
selbst die Samstage. Wie es zum Mariensamstag
eigentlich gekommen ist, soll in den folgenden
Zeilen nähergebracht werden.
Die
Anfänge dieser frommen Tradition
In der westlichen Liturgie vermutet man
die Anfänge der Samstagsgedenkfeier zu Ehren
der seligsten Jungfrau Maria schon im 10.
Jahrhundert. Nach dem Geschichtsforscher B.
Capelle soll die Initiative zur Festlegung des
Mariensamstags vom irischen Benediktiner Alkuin
(735-804) ausgegangen sein. Ausdrückliche
Dokumente für diese liturgische Praxis
stammen allerdings erst vom Anfang des 11.
Jahrhunderts. Dies bezeugen beispielsweise Petrus
Damiani und Bernhold von Konstanz. Entstanden im
monastischen Milieu, verbreitete sich diese fromme
Übung schnell unter dem Gottesvolk. Nach dem
Konzil von Trient wurde dieser mittelalterliche
Brauch vom Pius V. in die neuen liturgischen
Bücher eingeführt (1568-1570) und damit
als offiziell erklärt. Die Liturgiereform
nach dem II. vatikanischen Konzil bereicherte dann
das Stundengebet und die Messetexte um noch
weitere marianische Elemente.
Spirituelle
Grundlage des Mariensamstags
Als Ausgangspunkt für das
liturgische Gedenken der Jungfrau Maria am Samstag
kann mit Sicherheit das Zentralgeheimnis des
christlichen Glaubens angegeben werden,
nämlich das Osterereignis Jesu. Während
der Sonntag zur wöchentlichen Feier der
Auferstehung Christi geworden ist, waren Freitag
und Samstag als Trauertage angesehen, weil Jesus
ermordet und begraben wurde. Die Christen brachten
diese Trauer mit einer Fastenpraxis zum Ausdruck.
Der Papst Innozenz I. schrieb diesbezüglich
anfangs V. Jahrhunderts in seinem Brief an den
Bischof von Gubbio, dass «auch der Samstag
zum Fastentag werden soll, ähnlich dem
Freitag, denn diese Tage waren für die
Apostel und Jünger Christi Trauer- und
Fastentage». Diese Auffassung zeigt also den
Schmerz und die Betroffenheit der Jünger
Christi über den Tod ihres Herrn. Da aber
auch und besonders Maria zu diesen christustreuen
Nachfolgern gehört, stellt sich
allmählich in den Vordergrund des Samstags
die Betrachtung des Schmerzes Mariens, deren Herz
das Schwert des Schmerzes durchdrang, wie bereits
durch Simeon prophezeit worden ist. Hiermit ist
zwar schon eine Begründung des Mariensamstags
gegeben, jedoch es ist noch eine wesentlichere zu
nennen, nämlich die Tatsache, dass die
Jungfrau Maria eine Glaubende war, um so mehr am
Karsamstag, wenn alle geflüchtet waren und
Jesus im Grabe lag. An diesem Tag beruhten in
Maria sichere Hoffnung und fester Glaube, dass
Christus auferstehen wird, wie er gesagt hat.
Mariano Magrassi, seiner Zeit Bischof von Bari,
sagt, dass «der Samstag zwischen Freitag und
Sonntag liegt, zwischen dem Gedenktag des Leidens
und dem der Auferstehung: Maria füllt ihn
ganz aus, weil an jenem Tag, dem Karsamstag, sich
der ganze Glaube der Kirche in ihr gesammelt hat.
In ihrem großen mütterlichen Herzen
versammelte sich das ganze Leben des mystischen
Leibes, dessen geistliche Mutter zu werden, sie
unter dem Kreuz auserwählt wurde.
Während sich der Glaube aller verdunkelte,
hielt sie als erste der Gläubigen die
lebendige Flamme aufrecht, in der Dunkelheit des
Glaubens. Diese Wirklichkeit macht aus dem Samstag
einen Marientag aus.»
Die
Gedenkfeier Mariens am Samstag führt uns dieses
Bild, die Mutter Christi in der beharrlichen und
glaubevollen Erwartung der Auferstehung ihres
Sohnes, ständig vor Augen. Ähnlich wie
für Jesus das Osterereignis zur
«Stunde» (vgl. Joh 17,1) geworden ist,
so ist auch für Maria der Karsamstag zur
«Glaubensstunde» geworden. Und da die
Kirche in diesem Sinne den Mariensamstag feiert,
animiert sie gleichzeitig jeden Getauften zum
beharrlichen Glaubenszeugnis, vor allem in den
Zeiten der persönlichen und gesellschaftlichen
Unsicherheit und Orientierungslosigkeit.