Maria in den Konstitutionen der Serviten: Maria als Vorbild
Die Konstitutionen (oder auch
Satzungen) stellen für die Ordensfamilien
eine Art Gesetzbuch und Lebensregel dar. Im
Servitenorden begannen sich dessen Konstitutionen
seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zu bilden und
wurden im Laufe der Geschichte immer wieder den
neuen Situationen und den Anforderungen der Zeit
angepasst. Die jetzigen Konstitutionen der
Serviten aus dem Jahr 1987 sind Frucht der
Erneuerungsbewegung innerhalb der katholischen
Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.
Da es in diesem Dokument zuerst um die Natur und die Sendung des Ordens geht, wird hier bewusst und häufig Bezug auf Maria genommen, die für den Servitenorden zum wesentlichen Charakteristikum gehört. Die Serviten sehen in Maria ihr Vorbild, welches sie ständig vor Augen haben sollen. Dies wird gleich im ersten Artikel ausdrücklich betont: „Wir verpflichten uns (...) das Evangelium in brüderlicher Gemeinschaft zu bezeugen, sowie Gott und den Menschen zu dienen, indem wir uns ständig ausrichten nach dem Vorbild Mariens.“ Die Serviten, die Diener Mariens, waren sich von Anfang an ihrer besonderen Berufung zur Nachfolge Christi mit Maria bewusst. Der Blick auf Maria soll in ihnen eine Verhaltensweise wecken, durch die ihr Leben die Form des Jüngers Christi annimmt, um sich in den Dienst Gottes und des Menschen zu stellen. So wird es in einem weiteren Artikel festgehalten: „Um dem Herrn und ihren Brüdern zu dienen, haben sich die Serviten von der Gründungszeit an der Mutter Gottes (...) anvertraut“ (Art. 6). Maria als Vorbild zu haben, bedeutet von ihr lernen zu wollen. Zwei Haltungen haben die Serviten an Maria als besonders nachahmenswert erkannt: „Vom «Fiat» der demütigen Magd des Herrn haben sie gelernt, das Wort Gottes aufzunehmen und für die Weisungen des Geistes aufmerksam zu sein. Von der Teilnahme der Mutter an der Heilssendung des Sohnes (...) wurden sie angeleitet, die menschlichen Leiden zu begreifen und zu erleichtern“ (Art. 6). In diesen beiden Haltungen
Mariens verbirgt sich für die Serviten auch
der Schlüssel zum konkreten Dienst an Gott
und an den Menschen. Der Diener Mariens wird
nämlich angeregt, zuerst den Willen Gottes zu
suchen, ihn zu erkennen und aufzunehmen. Dies
geschieht vorrangig in der regelmäßigen
Betrachtung der Heiligen Schrift, in der er das
Wort Gottes aufnehmen soll, um die Weisungen des
Geistes von den anderen Regungen besser zu
unterscheiden. Die Konstitutionen bringen es noch
konkreter zum Ausdruck: „Nach dem Vorbild der
seligen Jungfrau wollen wir im Hören auf das
Wort Gottes leben und aufmerksam sein für
seinen Anruf in unserem Inneren, in den Menschen,
in den Ereignissen und in der ganzen
Schöpfung. Diese Haltung wird uns dazu
führen, die Zeichen der Zeit zu verstehen und
jenen Werten treu zu sein, die die Kirche in ihrer
prophetischen Sendung verkünden und
verwirklichen muss“ (Art. 24b). Das aufgenommene
Wort Gottes bewegt Maria zur Mitwirkung am Heil
der Welt, indem sie sich der Heilssendung Christi
beigesellt.
Ihrem Vorbild folgend bemüht sich der Diener Mariens in seinem Umfeld sichtbare Zeichen des Heils zu setzen, nicht zuletzt durch die Übung der Tugend der Barmherzigkeit. Sie wird den Serviten in besonderer Weise ans Herz gelegt: „Die Barmherzigkeit gehört anerkannter Weise zu den Merkmalen der Serviten, die in ihrem Leben das Beispiel der Mutter Gottes weiterführen“ (Art. 52). Diese Tugend Mariens ist zwar in den Evangelien nicht so ausdrücklich festgehalten worden, aber die Generationen der Marienverehrer haben sie als solche persönlich erfahren und bezeugt. Vor allem jene, die keine Hoffnung haben, erfahren durch den Beistand Mariens entsprechende Kraft und Gnade. Daher haben es die Serviten als ihren Auftrag verstanden, die Gottesmutter besonders den Verunsicherten vor Augen zu führen, da sie selbst mit etlichen Ängsten zu kämpfen hatte, wie etwa bei der Flucht nach Ägypten (Mt 2,13) oder beim Verlust ihres Sohnes (Lk 2,48): „Den Menschen in ihrer Unsicherheit stellen wir die demütige Frau (...) als Vorbild für das Vertrauen der Kinder Gottes vor Augen“ (Art. 7). Wer nun auf Maria blickt, wird sich kaum ihrem zum Gebet einladenden Blick entziehen können, denn sie blickt ständig auf ihren Sohn. Den Serviten ist diese Haltung Mariens zu einem wesentlichen Vorbild geworden: „Die seligste Jungfrau, höchstes Vorbild des betenden Geschöpfes, ist für uns, ihre Diener, Stütze und Wegweiserin auf dem Weg des Gebetes“ (Art. 24). Und darüber hinaus treibt sie ihren Diener an, zur tapferen Erfüllung seiner Ordensberufung: „Dabei blickt er bewusst auf das keusche, arme und gehorsame Leben, das Christus und seine jungfräuliche Mutter freiwillig sich zu eigen gemacht haben“ (Art. 144). fr. Fero M. Bachorík OSM |