Maria in den Konstitutionen der Serviten:

Die theologische Kenntnis über Maria

 

Papst Johannes Paul II.: 
Ein eifriger Verehrer Mariens
Eine Erfahrung, die sich im Bezug auf die christliche Glaubenspraxis täglich machen lässt, kann man mit folgenden Worten beschreiben: Die Kirche lehrt, was sie glaubt und die einzelnen Christen glauben, was sie zu glauben vermögen. Beim Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen weist Jesus auf einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Glauben der Samariter und dem Glauben der Juden mit folgenden Worten hin: „Ihr (Samariter) betet an, was ihr nicht kennt, wir (Juden) beten an, was wir kennen“ (Joh 4,22). Sowohl die oben erwähnte Erfahrung als auch die Worte Jesu an die samaritische Frau machen es deutlich, dass der menschliche Glaube an die vorhandenen Kenntnisse gebunden ist. Ausgehend von solchen Kenntnissen gestaltet der Mensch sein Glaubensleben. Ja, selbst die Marienverehrung nimmt dadurch ihre Gestalt. Da sich der Servitenorden von Anfang an von der Gottesmutter inspiriert weiss, sieht er seine Aufgabe auch darin, die Kenntnis über Maria und ihre Sendung im Heilsgeheimnis zu vertiefen (Konst. 7).

Die Vertiefung der Kenntnisse über Maria versteht sich für die Serviten im Sinne der christlichen Offenbarung und der Tradition der katholischen Kirche. In diesem Sinne werden vorrangig jene Eigenschaften und Haltungen Mariens betrachtet, welche für die Nachfolge Christi von Bedeutung sind. Nämlich die Kenntnisse über die Sendung Mariens im Heilsgeheimnis inspirieren unser Denken und Handeln und geben unserem Glaubensleben ganz andere Qualität als z.B. die Kenntnisse über ihr Aussehen, ihre Kleidung oder ihren Schmuck, welche in bestimmten Kreisen von Marienverehrern auch ein Thema sind. Als Weg der Vertiefung der Kenntnisse über Maria, wird den Brüdern das Studium angeraten (Konst. 87). Für diesen Zweck hat der Servitenorden - unter der Obhut der ordenseigenen Päpstlichen Theologischen Fakultät «Marianum» in Rom - in mehreren Ländern der Welt eigene Schulen gegründet, welche die Kenntnisse über Maria fundiert und systematisch vermitteln sollen. Die Brüder sollen die erworbenen Kenntnisse allerdings nicht nur für sich behalten, sondern durch ihr Leben, ihr Wort und ihr Schrifttum dem Volk Gottes weitergeben (Konst. 87). Selbst für jene Brüder, die kein komplettes Studium im mariologischen Fach erhalten können, ist die Vermittlung von Grundkenntnissen über die Rolle der Mutter Gottes in der Heilsgeschichte während des Noviziates im Ausbildungsprogramm vorgesehen (Konst. 136). Dies ist schon deshalb wichtig, damit der Novize von Anfang an die Klarheit darüber gewinnt, dass im Servitenorden eine Marienspiritualität gepflegt wird, die in der christlichen Offenbarung und in der Tradition der Kirche eingebettet ist. Es bildet sich gleichzeitig auch das Gefühl für das Wesentliche, indem die Unterschiede zwischen der Marienverehrung, den Frömmigkeitsübungen und anderen Praktiken durchschaubarer werden. Aus dem Bewusstsein heraus, dass die Marienverehrung oft unterschiedliche Wege geht, betont der Satzungstext noch vehementer dieses Anliegen: „Entsprechend einem Grundzug unseres Charismas müssen wir als Diener Mariens in besonderer Weise die Kenntnis der Rolle der Mutter Gottes im Geheimnis Christi und seiner Kirche vertiefen, um den Gläubigen diesen Reichtum zu vermitteln und sie zu einer echten Marienverehrung zu führen“ (Konst. 161).

Die Rede von der „echten“ Marienverehrung kann manche Gläubige vielleicht irritieren. Wer nach einer romantischen Marienverehrung strebt, wird sich kaum die Frage nach der Echtheit seiner Marienverehrung stellen. Wer sich jedoch ehrlich um eine echte Marienverehrung bemüht, wird sich wohl fragen, in wieweit ihn seine Marienverehrung in der Nachfolge Christi fortschreiten lässt. Wird dieser Zusammenhang mit der Nachfolge Christi nicht berücksichtigt, so riskiert die Marienverehrung eine Art Freizeitbeschäftigung zu werden. Eine Hilfe für die echte Marienverehrung legt uns die Kirche in der Marienlehre vor, deren Inhalte das Zweite Vatikanische Konzil im achten Kapitel der dogmatischen Konstitution Lumen Gentium zusammengefasst hat. Die Vorgesetzten des Servitenordens auf allen Ebenen sollen dafür Sorge tragen, dass die Marienlehre in den ordensverbundenen Gruppen durch vorbereitete und verfügbare Brüder gefördert wird (Konst. 311).

fr. Fero M. Bachorík OSM