Maria in den Texten des Ordens Marienverehrung in der "Legende des heiligen Peregrin"
Der hl. Peregrin von
Forlì (1265-1345) gehört zu jenen
bekanntesten Servitenheiligen, deren Verehrung
weltweit verbreitet ist. Sein Leben wird in der
„Legende des seligen Peregrin von Forlì“
beschrieben. Eine erste Legende über diesen
Heiligen soll bereits kurz nach seinem Tod um
1350, wahrscheinlich von einem Serviten, verfasst
worden sein. Diese Legende ist aber nicht mehr
auffindbar. Vorhanden ist allerdings ein
Legendentext aus dem Jahr 1483, welcher von
Nicolò Borghese (1432-1500), einem
namhaften Bürger von Siena, nach der Vorlage
der ersten Legende geschrieben wurde. Dieser Text
bezeugt, wie Peregrin von seiner Jugend an
bemüht war, eine innige Beziehung mit der
seligsten Jungfrau zu pflegen. Dies geschah
meistens vor dem Marienaltar in seiner Pfarrkirche
zum Heiligen Kreuz, wo er immer wieder im Gebet zu
verweilen pflegte. Sein Herzenswunsch war es, von
Maria zu erfahren, welchen Weg er gehen soll, um
das Heil zu erlangen. Die Antwort wurde ihm in
einer Vision gewährt. Die Jungfrau Maria
hätte ihm gesagt, dass es auch ihr Wunsch
sei, seine Schritte auf dem Weg des Heils zu
lenken. Sie stellte sich bei ihm als „Mutter des
Gekreuzigten“ vor, der sie zu Peregrin schickte,
um ihm den „Weg der Seligkeit“ zu zeigen. Peregrin
erklärte sofort seine Bereitschaft, ihren
Weisungen zu folgen. Sie schickte ihn also zu den
Serviten nach Siena, wo er um die Aufnahme ins
Kloster bitten sollte. Mit den Worten: „Du
heißt Peregrin; nun wirst du Pilger mit dem
Namen und in der Tat“ deutete sie seine
zukünftige Lebensweise an, die sich als
Pilgerschaft bezeichnen lässt. Der Name
„Peregrin“ kommt nämlich aus dem Lateinischen
„peregrinus“ und bedeutet Fremder bzw. Pilger oder
Wanderer. Nachdem Peregrin das Kloster in Siena
erreicht hatte, wurde er von den Brüdern nach
seinem Vorhaben gefragt. Die Legende berichtet,
wie sie sich bald davon überzeugen
ließen, dass Peregrin zu ihnen
tatsächlich „von der Jungfrau Maria geschickt
worden ist“. Sie hätten es als Wunder der
Jungfrau betrachtet, „welche ihre Treuen zu
erleuchten pflegt und sie unverzüglich an der
Seligkeit Anteil haben lässt“. Daher kleidete
man Peregrin sehr gerne in den schwarzen Habit der
Jungfrau Maria.
In dieser Legende wird mit wenigen Bildern aus dem Leben Peregrins gezeigt, mit welchen Zielen die Marienverehrung in Verbindung gebracht werden sollte. Der junge Peregrin ist ein Mann, der das Heil erlangen möchte. Für eine christliche Person ist es ein selbstverständliches Ziel. Jedoch Peregrin erkennt, dass er dabei eine Hilfe braucht, die ihm von den Menschen scheinbar nicht angeboten werden kann. Sein Weg der Suche ist das Gebet. Vor dem Bildnis Mariens erhält er eine Antwort, die ihm eine weitere Lebensorientierung ermöglicht. Es ist kein Zufall, dass die Jungfrau Maria sich als die Mutter des Gekreuzigten erkennen lässt, denn für Peregrin bedeutet der ersehnte „Weg der Seligkeit“ eine radikale Nachfolge Christi, die von ihm auch die Annahme des Kreuzes verlangen wird; einige Jahre später wird er nämlich mit einem Fußtumor konfrontiert. Die Weisungen Mariens nimmt Peregrin ernst; schließlich ist sie die Mutter des gekreuzigten Herrn, den er anbetet. Hiermit stellt die Legende Maria als Wegweiserin dar, die den Menschen den Willen Gottes vermittelt. Wie es die Serviten in Siena bei der Ankunft Peregrins feststellen konnten, erreichen viele, die sich danach sehnen, durch Maria den Zugang zum Heil. Dieser Zugang darf durchaus als ein konkreter Ort und Dienst in dieser Welt gesehen werden, auf dem und durch den jeder Mensch bestrebt ist, seinem Leben und dem der anderen einen Sinn zu geben. In diesem Zusammenhang ist Peregrin als Pilger zu sehen, der unterwegs zur ewigen Seligkeit sich berufen fühlt, Christus in der Gemeinschaft der Diener Mariens nachzuahmen. Durch die Übernahme des schwarzen Ordenshabits, der an die Schmerzen Mariens erinnern soll, begibt sich Peregrin in die Schule der Mutter des Gekreuzigten. Sie wird für ihn sowohl Lehrerin als auch Begleiterin in der Nachfolge Christi. Beeindruckend ist, dass die Legende im schwierigsten Lebensmoment Peregrins keine Erwähnung über seinen Bezug zu Maria macht. Als er nämlich mit seiner Krankheit kämpft, wendet er sich direkt an den Gekreuzigten; er bittet ihn um die Gnade der Heilung, die ihm auch gewährt wird. Damit spiegelt diese durchaus christozentrische Legende auch jene Überzeugung wider, die der Apostel Paulus geäußert hat: „Das Gesetz hat uns in Zucht gehalten bis zum Kommen Christi, damit wir durch den Glauben gerecht gemacht werden. Nachdem aber der Glaube gekommen ist, stehen wir nicht mehr unter dieser Zucht“ (Gal 3,24-25). Ähnlich wie das Gesetz, hat auch Maria - sobald der Mensch Christus persönlich begegnet ist - ihre erziehende Aufgabe erfüllt. Allerdings lässt die Legende das Leben Peregrins in der Gegenwart Mariens mit folgendem Kommentar enden: „Seine Seele wurde (...) von der Jungfrau Maria in die Seligkeit des Paradieses geführt.“ fr. Fero M. Bachorík OSM |