verfasst: im September 2008

Die Sieben-Schmerzen-Kapelle

im Westerholter Wald in Buer


Seit über fünfzig Jahren sind wir Serviten hier am Nordrand des Ruhrgebietes zuhause. Mancherorts herrscht die Vorstellung, im Ruhrgebiet habe die Geschichte quasi mit dem Kohleabbau im frühen 19. Jahrhundert begonnen. Dass dem nicht so ist, darauf wird man gerade durch die kirchliche Kulturlandschaft aufmerksam gemacht. So ist etwa hier in Buer die Geschichte der Kirche über 1000 Jahre alt. Auf dem sogenannten „Vestischen Höhenzug“ (die Bergler werden lachen, denn die höchste Erhebung liegt irgendwo zwischen 150 bis 200 Metern…), der sich von Recklinghausen im Osten bis Gladbeck im Westen erstreckt, hat sich vor mehr als 1000 Jahren unter Kurkölscher Herrschaft eine gut organisierte kirchliche Landschaft entwickelt. In Buer und Umgebung war man bis zur Industrialisierung fast durchweg katholisch. Als die Serviten 1954 hier eintrafen, gehörte Buer zum Bistum Münster. Das änderte sich durch die Gründung des Ruhrbistums Essen vor genau 50 Jahren.

Zu dem, was die Serviten hier in Buer damals willkommen hieß, gehörte auch die „Sieben-Schmerzen-Kapelle“ im Westerholter Wald. Ein damals recht unscheinbares kleines Kapellchen in der Löchterheide gelegen. 1723 hatte es dort Henrika von Aschenbroich zu Schoenebeck gestiftet. Um den Anlass der Stiftung ranken sich Legenden. Eine davon bringt sie spektakulär mit dem letzten Hexenprozess im Kirchspiel Buer/Westerholt in Zusammenhang, dem die Bauernmagd, Änne Spiekermann, zum Opfer fiel. Dass die Kapelle zur Sühne gebaut wurde, als Ort der Versöhnung und eine Mahnung zur Barmherzigkeit, das liegt wohl auf der Hand. Die Kapelle befindet sich im Grenzgebiet der Freiheit Buer und des Grafen von Westerholt, in dessen Eigentum sie sich auch heute noch befindet.

Über die Jahrhunderte ist die Geschichte der Kapelle wechselhaft; in Vergessenheit geriet sie nie. 1933 setzten an ihr mehr als 20.000 Katholiken aus Buer und Westerholt ein Zeichen gegen die gerade an die Macht gelangten Nazis. Als am 14.11.1940 ein furchtbarer Orkansturm unsere Gegend heimsuchte, wurde das Kapellchen durch herabstürzende Bäume fast vollständig zerstört. 1948 wurde sie mit vereinten Kräften von Westerholter Kolpingssöhnen wieder aufgebaut. Als in den 1990ger Jahren die Bausubstanz in Gefahr war, gründete sich ein Verein zur Erhaltung des kleinen Heiligtums. Durch private Initiative und unter Mithilfe verschiedener Gruppen gelang das große Werk: Am 16.September 2001 wurde die vollständig sanierte und restaurierte Kapelle mit dem Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter vom damaligen Generalprior P.Hubert M. Moons aus Rom eingeweiht. Unter den zahlreichen Gästen befand sich auch der damalige Reichsgraf von und zu Westerholt. Wohl in ihrer ganzen Geschichte hat unsere Sieben-Schmerzen-Kapelle nie solchen Glanz ausgestrahlt, wie heutzutage. Im Laufe eines Jahres feiern wir jetzt dort mehr als vierzig Gottesdienste. Zahlreich sind die Besucher. Viele Menschen nutzen diesen friedvollen Ort im Wald  zur persönlichen Andacht. Andere lieben es, in großer Gebetsgemeinschaft dort im „Buchendom“ zusammen zu kommen. So konnten wir in den letzten Jahrzehnten dort immer wieder auch die Bischöfe und Weihbischöfe von Essen und Münster willkommen heißen.

Mit der Einweihung einer „Via-Matris“, des „Leidensweges Mariens“ gingen wir an der Sieben-Schmerzen-Kapelle wieder einen Schritt nach vorne. Pater Provinzial Gottfried M. Wolff kam am 14. September aus Innsbruck nach Buer, um die sieben Stationsbilder einzuweihen, die den Schmerzen Mariens gewidmet sind. Sie laden den Beter ein, das eigene Leben in Gottes Gegenwart zu heben. Wie in einem Spiegel wird dabei der Glaubensweg Mariens betrachtet. Diese Weise der Betrachtung ist der geistlichen Tradition der servitanischen Familie entwachsen, denn die Verehrung der Sieben Schmerzen Mariens ist eine Frucht unseres Ordens.

Dass wir Serviten hier in Buer gerade auch an der Sieben-Schmerzen-Kapelle im Westerholter Wald mit vielen Gläubigen die geistliche Nähe der Gottesmutter erfahren dürfen, ist immer wieder ein großartiges Geschenk.

P. Christian M. Böckmann OSM