verfasst: im März 2011
25 Jahre Schwestern Servitinnen in Korea
Liebe Freunde in Deutschland! Nach mehreren Jahren melde ich mich wieder einmal bei Euch/Ihnen. Manche/r wird sich vielleicht schon gefragt haben, ob es uns wohl hier noch gibt. Es tut mir leid, dass ich gegenüber Euch/Ihnen, die uns über die lange Zeit so treu begleitet haben, so schweigsam geworden bin. Vergessen haben wir Sie/Euch nicht und in unser Gebet bleibt Ihr immer eingeschlossen. Heute möchte ich Euch/Sie wieder einmal an unserer Geschichte teilhaben lassen. Korea hat sich in den letzten 3 Jahren verändert. Seit der jetzige Präsident am Ruder ist, herrscht ein scharfer Wind gegenüber Nordkorea, der von dort noch schärfer erwidert wird. Beide Seiten geben ein unsinniges Geld für Rüstung aus, das doch die Zusammenarbeit hätte weitertreiben können ... Die koreanische Gründung unserer Gemeinschaft der Servitinnen hat im eben zu Ende gegangenen Jahr das Alter von 25 Jahren erreicht, und dieses Ereignis scheint mir einen Anlass zu einem Rückblick auf die erlebte Geschichte zu geben. Manche von Euch/Ihnen wird sich vielleicht noch an die Anfänge erinnern. Nicht wir in Europa hatten damals die Idee, Korea aufzusuchen: Korea war zu uns nach Deutschland gekommen in der Gestalt von Menschen, die von ihrem durch Krieg zerstörten Land ausgesandt, als Krankenschwestern und Bergleute Devisen verdienen und moderne Technologie und Lebensweise zum Aufbau des eigenen Landes zurückbringen sollten. Einige von ihnen entdeckten dabei auch das Ordensleben: 3 junge Koreanerinnen traten in Düsseldorf in unsere Kongregation der Servitinnen von Galeazza ein. Mit der Zeit wuchs in ihnen der Wunsch, auch diesen Schatz in ihre Heimat zurückzutragen, und unsere Kongregation, offen für die Mitarbeit in den "jungen Kirchen", entschloss sich 1980, die Möglichkeit einer Gründung zu prüfen. Die Fremdheit der Sprache und der asiatischen Kultur stellte eine hohe Hürde dar, aber nach einiger Vorbereitung wurde am 15. September 1985 mit der Einweihung eines ersten kleinen Hauses die Gründung errichtet. Eine koreanische und eine deutsche Servitin bildeten den Grundstock der ersten Gemeinschaft, aber es klopften bereits die ersten Aspirantinnen an die Tür. Ein Jahr später kam eine weitere deutsche Mitschwester hinzu und weitere 2 Jahre danach auch eine italienische, die das internationale Bild der Kongregation vervollständigte. Die Situation der koreanischen Kirche bot uns zu der Zeit eine gute Startgelegenheit an. Mit der Heiligsprechung von 103 ihrer Martyrer 1984 im eigenen Land durch Papst Johannes Paul II und mit dem Engagement ihres Kardinals Stephanus Kim (Su Hwan, +2009) im Widerstand gegen die damals herrschende Militärdiktatur hatte die Kirche großen Zulauf und Elan gewonnen. Obwohl die Zahl der Katholiken nicht viel mehr als 5% der Bevölkerung ausmachte, stellte sie in der Gesellschaft eine wichtige Kraft dar, und es gab viele geistliche Berufe. Um dieser Situation gerecht zu werden, wurden möglichst viele Pfarreien gegründet, die innerhalb des eigenen Raumes, d.h. in der eigenen Familie und Nachbarschaft, den Glauben auszubreiten sich bemühten. Dies war vor allem wegen der zunehmenden Verstädterung eine wichtige Strategie, da die vom Land kommenden Menschen aus ihrer sozialen Verflechtung herausgerissen waren und darum menschlich und geistlich eine neue Heimat suchten. Für den Unterricht der vielen Katechumenen, Erwachsenen Jugendlichen und Kinder, und für die Organisation des Gemeindelebens waren gut vorgebildete Kräfte notwendig. Darum sollte nach Möglichkeit jede Pfarrei Ordensschwestern haben, da diese im Vergleich zu den Laien bessere Voraussetzungen hatten. So ergab sich für uns Servitinnen, deren Geburtsort die Pfarrgemeinde von Galeazza ist, als fast naturgegebener Einstieg die Einfügung in eine neu gegründete Pfarrei in einem Neubaugebiet der Stadt Cheongju (ca. 120 km südlich der Hauptstadt Seoul). Heute zählt unsere Gemeinschaft 20 Schwestern, die in 5 Ortsgemeinschaften leben. 4 davon sind in Pfarrgemeinden eingefügt, in 4 verschiedenen, einander benachbarten Diözesen. Unser zentrales Haus haben wir 1998 in die Diözese Suwon verlegt, die an die Hauptstadt Seoul angrenzt, weil sich dies für Ausbildungen als günstiger erwies. In diesem Haus führen wir seit 2004 auch eine Kindertagesstätte. Im gleichen Jahr wurde unsere italienische Mitschwester, Sr. M. Carmela, zur Generalpriorin unserer Kongregation gewählt und musste deshalb Korea verlassen. Aus diesem Anlass ging die Leitung der Koreanischen Delegation auf allen Ebenen in koreanische Hände über. Eine koreanische Mitschwester wurde 2005 in eine neue Gründung unserer Kongregation in Indonesien entsandt, und bei unserem Generalkapitel im vergangenen Jahr wurde eine Koreanerin in den Generalrat der Kongregation gewählt. Vieles hat sich in den vergangenen 25 Jahren gewandelt. Südkorea ist ein technisch und bildungsmäßig hoch entwickeltes Land westlicher Ausprägung geworden. Dies wirkt sich auch auf Kirche und Ordensleben aus. Obwohl die katholische Kirche zahlenmäßig im vergangenen Jahr 10% der Bevölkerung erreicht hat, ist durch den gewandelten Lebensstil vor allem der Frauen und die seit vielen Jahren - zuerst auf staatlichen Druck hin - niedrigen Geburtenzahlen die Zahl der Ordensberufungen stark gesunken. Zudem haben die Laien entsprechend ihrer z.T. hohen Ausbildungen neue Erwartungen in Bezug auf Verantwortung und Mitgestaltung des kirchlichen Lebens. Laien sind durch theologische Ausbildungen kompetente Katecheten geworden, und es gibt in den Gemeinden keine Aufgaben mehr, für die ausschließlich die Ordensschwestern kompetent sein könnten. - Sollen sie dennoch dort ihren Platz behalten? Diese Frage wird auf verschiedenen Ebenen gestellt und findet unterschiedliche Antworten. Bisher sind unsere Schwestern in ihren Pfarreien gut angenommen und gewünscht. Eine unserer Mitschwestern arbeitet heute in Suwon in der Migrantenseelsorge: Während Korea früher als bevölkerungsmässig homogenes Land galt und darauf stolz war, ist inzwischen durch ausländische Arbeitskräfte und durch Einheirat (es gibt zu wenig heiratswillige koreanische Frauen!) ein nicht mehr übersehbarer Prozentsatz von Menschen ausländischer Herkunft zu verzeichnen, deren Integration große Probleme bereitet. Damit ist ein neuer, wichtiger Dienst entstanden. In allen koreanischen Frauenorden - und so auch bei uns - ist eine Neubesinnung darüber im Gange, welcher Sinn und Platz den Ordensgemeinschaften in der Kirche zukommt Der Wert des geistlichen Lebens und der Zeugnischarakter eines reifen Lebens der Ordensgelübde treten stärker in den Blick. Dies ist ein Ansporn für uns geworden, auch bei der Vorbereitung auf die Feier des 25jaehrigen Bestehens unserer koreanischen Gründung den Blick auf das Wesentliche zu richten. Ein "Jahr der Erinnerung und des Dankes" von September 2008-2009 hat uns vor allem die Geschichte und Spiritualität des Ordens und der Kongregation vergegenwärtigen lassen. Das 2. Jahr, 2009-2010, ist ein "Jahr des Feierns und des hoffnungsvollen Ausblicks auf die Zukunft" gewesen. Unterstützt durch den Impuls unseres Generalkapitels, 'die Netze in die Tiefe und Weite neu auszuwerfen', werden nun die apostolischen Dienste überdacht. Als Höhepunkt des Jahres haben wir am 11. September eine festliche Dankmesse unter dem Vorsitz unseres Bischofs von Suwon gefeiert, an der auch der Apostolische Nuntius in Korea, viele Priester, mit denen wir im Laufe der Zeit zusammengearbeitet haben, unsere Laiengemeinschaft und Menschen aus "unseren" Pfarrgemeinden und Familien, insgesamt etwa 350 Menschen, teilgenommen haben. Gleichzeitig haben wir mit vielerlei eigenen 'Werken' einen Basar durchgeführt, dessen Erlös der Gründung unserer Kongregation in Indonesien und der Mission der Diözese Suwon im Sudan zugute gekommen ist. An unserem Fest haben auch unsere Generalpriorin, Sr. M. Carmela Giordano, und je eine Mitschwester aus Italien, Deutschland, Brasilien und Indonesien teilgenommen, sodass zur Freude aller unsere ganze internationale Kongregation vertreten war. Mit Dankbarkeit und neuem Schwung soll es nun daran gehen, aufbauend auf der Geschichte die Zukunft zu gestalten. Die Leitung der Delegation ist im Dezember 2010 in die Hand von Sr. M. Marta Kang übergegangen, nachdem Sr. M. Anna Kwon diesen Dienst über 6 Jahre ausgeübt hatte. Beide waren 1985 eingetreten und haben unsere Geschichte von Anfang an mitgetragen. Das neue Jahr haben die Menschen in Korea mit vielerlei Hoffnung begonnen. Aber nun erleben wir durch unser Nachbarland Japan, wie schwach der Mensch ist im Blick auf die Kräfte der Natur und auch auf die Ergebnisse seines eigenen technischen Schaffens. Hier im Land sind wir nicht in der direkten Gefahrenzone, weil der ständige Westwind die Schadstoffe eher Richtung Amerika trägt. “Korea ist sicher”, sagen viele Menschen, die bisher in Japan gelebt haben, und kommen wenigstens vorübergehend herüber. Aber das Ende der Katastrophe und das Ausmaß ist nicht abzusehen. Eine Wirkung in der Mentalität vieler Koreaner hat das Leiden der Menschen im Nachbarland: Während die geschichtlich begründeten Gefühle der Abneigung gegen Japan immer noch schwelten, weichen sie sichtlich einer starken Solidarität. … Ihnen/Euch allen herzlichen Dank für Ihr/Euer Interesse und mancherlei Hilfe. Nun gehen wir auf Ostern zu, den Weg, der durch den Tod hindurch zu neuem, größerem Leben führt. Euch/Ihnen allen wünschen wir Servitinnen in Korea die Erfahrung der Kraft, die von Gott kommt, und die erleuchtende Begleitung des Heiligen Geistes, Gesundheit und viele froh machende Erfahrungen. Auch im Namen der Mitschwestern grüsst Euch/Sie alle herzlich Ihre/Eure Sr. Maria Hildegund Becker |