verfasst: im Mai 2007
Projekt "Kusisqa Warmi" in Oruro, Bolivien:
Im Einsatz für Opfer familiärer Gewalt sowie für Gewalt-Prävention
"Kusisqa Warmi" bedeutet in der Quechua-Sprache „die fröhliche Frau“. Das Projekt, das diesen Namen trägt, wurde von den Servitenpatres des Klosters „Virgen del Socavón“ in Oruro ins Leben gerufen.
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Der von den Serviten betreute Wallfahrtsort "Virgen del Socavón" in Oruro
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Oruro, wo die Serviten seit 60 Jahren wirken, liegt im andinischen Hochland und wurde vor 400 Jahren gegründet, als hohe Zinnvorkommen gefunden wurden. Die Stadt hat sich in der Geschichte zu einer blühenden Bergwerkstadt entwickelt. Heute verliert das Bergwerk jedoch zunehmend an Bedeutung, viele Minen mussten geschlossen werden. Trotz eines zunehmenden Tourismus in der Region und des Exportes des auch in Europa immer beliebteren Getreides Quinoa bleibt die Situation in Oruro und Umgebung prekär, denn es fehlen Arbeitsplätze, und gerade deshalb ist von hier aus die Emigrationsrate in andere, größere Städte Boliviens oder ins Ausland besonders hoch. Es immigrieren allerdings auch Leute nach Oruro, und zwar aus den noch ärmeren Landgebieten. Diese Menschen siedeln sich dann an den Stadträndern in ständig wachsenden Armenvierteln an. Meist behalten sie ihre kargen Felder in den Dörfern, reisen mehrmals im Jahr aufs Land, um die Felder zu bestellen, zu säen, zu ernten. In den Zwischenzeiten verdienen sie sich durch Gelegenheitsarbeiten in der Stadt etwas dazu, nur so können sie ihre oft kinderreichen Familien knapp durchbringen. Besonders stark ist in der Region der Alkoholismus verbreitet. Eine Begleitererscheinung der bekannten, farbenfrohen Volksfeste, besonders während des Karnevals, sind leider immer wieder schlimme Alkoholexzesse. Nach dem Karneval gibt es für viele Familien ein böses Erwachen, wenn die Väter das ganze Ersparte „versoffen“ haben und so kein Geld mehr für Essen, Kleidung oder Schulmaterial für die Kinder vorhanden ist.
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Bolivianische Frau mit Kind; Gemälde des Servitenmissionars Giovann Battista Pesci
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Ein weiteres Hauptproblem ist gerade die Situation der Frauen und Kinder. Studien zufolge, welche sich mit der Situation der Frau in der bolivianischen Gesellschaft auseinandersetzen, zeigen auf, dass Frauen sehr viel häufiger Opfer sind als Männer, sei dies in der Familie, sei es außer Haus. Es gibt nach wie vor viel zu wenig Hilfe für diese Frauen, und die Meinung, dass es halt das Schicksal der Frau sei, auch mal Misshandlungen und/oder Demütigungen zu ertragen, ist in der Bevölkerung noch weit verbreitet. Oft spielt auch die finanzielle Abhängigkeit der Frau eine Rolle, dass sie sich nicht getraut, einen gewalttätigen Partner anzuzeigen, und schon gar nicht, sich von ihm zu trennen. Der gesellschaftliche Druck gerade auf verheiratete oder auch unverheiratete Frauen, die mit ihrem Partner Kinder haben, ist besonders groß. Man bringt ihnen bei, dass sie den Partner zu verlieren riskieren, wenn sie in einer Institution Hilfe suchen oder gar ihn anzeigen würden, und dass sie dann die Schuldigen seien, wenn dieser eine andere Frau suchen und die Familie verlassen würde.
Um den Betroffenen gezielt zu helfen, wurde im Januar 2004 das Projekt „Kusisqa Warmi“ gegründet.
- Diese Beratungsstelle bietet allen von Gewalt betroffenen Menschen, insbesondere Frauen, Jugendlichen und Kindern, eine professionelle Hilfe an.
- Vom Team ausgebildete Menschen- und Frauenrechts-Promotorinnen machen in ihren Wohngebieten die Menschen- und Frauenrechte sowie das Gesetz gegen die innerfamiliäre Gewalt bekannt.
- Gewaltpräventionskurse werden in verschiedenen Sektoren von Oruro und mit verschiedenen Bevölkerungsschichten regelmäßig durchgeführt.
- Im psychologischen Bereich wird Orientierung über die Folgen der Gewalt, Begleitung und Betreuung von Opfern auf individueller Basis, Paar- und Familientherapie, psychologische Arbeit mit Tätern, psychologische Abklärungen mit Berichten an die Behörden angeboten.
- Opfer werden zudem auch spirituell begleitet und sie finden auch in Selbsthilfegruppen von Gewalt betroffener Frauen Hilfe.
- Juristinnen geben Beratung bei Vaterschafts-Prozessen (wenn der Vater die Vaterschaft leugnet), vertreten Frauen bei Rechtsauseinandersetzungen zur Erlangung von Alimenten, helfen bei Anzeigen an die Behörden, beim Verfassen entsprechender Berichte usw.
- Zudem besteht eine effiziente Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Bewegungen, welche die Menschen- und Frauenrechte verteidigen, in einem entsprechenden Netzwerk, um politisch Einfluss nehmen zu können.
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